DER STAAT

Inflation - ein Fall für die Regierung?

Inwieweit sollten Regierungen - neben den Zentralbanken - für die Inflation verantwortlich sein? Diskutiert auf dem X New Paradigm Workshop von Isabella Weber, Sebastian Dullien, Peter Bofinger, Guntram Wolff und Shahin Vallée.

VON

DAVID KLÄFFLING

VERÖFFENTLICHT

8. JUNI 2022

LESEDAUER

3 MIN

Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Dies war eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Vortrag von Isabella Weber zur Frage, ob Preiskontrollen oder andere staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation notwendig sind. Aufgrund sich überschneidender Notlagen funktioniert die Signalwirkung der Preise nicht mehr gut als Ausgleichsinstrument für Angebot und Nachfrage. Unterbrochene Lieferketten in Verbindung mit einer hohen Nachfrage durch Rettungspakete und staatliche Hilfen ermöglichen Gewinnmargen durch temporäre Monopole. Darüber hinaus sind die Preiserhöhungen in sehr unelastischen Sektoren wie Heizung oder Lebensmittel am drastischsten, wodurch die Nachfrage nicht oder nur schwer reagiert.

Um die Inflation zu bekämpfen, müssen wir von aggregierten Reaktionen zur Katastrophenvorsorge übergehen, indem wir auf Schlüsselsektoren abzielen, z. B. EU-Preiskontrollen für Gas und Öl.
Isabella Weber

Sebastian Dullien konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die Fragen, welche Haushalte am stärksten unter der Inflation leiden und wie hilfreich die Ausgleichspakete der deutschen Regierung sind. Er kam zu dem Schluss, dass die Inflation Haushalte mit niedrigem Einkommen am stärksten trifft und bewertete die Ausgleichspakete insgesamt positiv. Allerdings sind sie in zweierlei Hinsicht unzureichend. Erstens bieten sie noch keinen Ausgleich für die gestiegenen Lebensmittelpreise. Zweitens werden Rentner und Studenten nicht angemessen entschädigt.

Ist die Finanzpolitik oder die Geldpolitik besser geeignet, um die Inflation zu bekämpfen? Dies war das Thema des Vortrags von Peter Bofinger. Er betonte, dass diese Frage von der Art des Schocks abhängt. Im Falle eines Nachfrageschocks können sowohl die Fiskalpolitik als auch die Geldpolitik die Aufgabe erfüllen. Während die Regierungen bei dem zero lower bound oder bei tiefen Rezessionen im Vorteil sind, sind Entscheidungen der Zentralbanken politisch oft leichter durchzusetzen. Bei einem Angebotsschock sieht das anders aus. Bei der Entscheidung, die Inflation durch Zinserhöhungen zu bekämpfen, stehen die Zentralbanken vor einem Zielkonflikt: Niedrigere Preise sind nur durch eine geringere Produktion möglich. Die Fiskalpolitik könnte die gesamtwirtschaftliche Angebotskurve durch eine Senkung der indirekten Steuern zu geringeren Kosten verschieben.

In seinem Vortrag ging Guntram Wolff auf einige der von seinen Mitdiskutanten angesprochenen Themen ein. Wenn temporäre Monopole auf spezifische Geschäftsentscheidungen und richtige Entscheidungen zurückzuführen sind, gäbe es kein Problem mit temporären Preisaufschlägen. Er plädierte auch für die immer noch in Takte Signalwirkung von Preisen. Beispielsweise signalisierten hohe Energiepreise, dass die Nachfrage nach russischem Gas und Öl gesenkt wird. Er schlug ein Zollsystem für Energieimporte vor, um die Preise zu senken, und wies auf die Gefahr einer Überhitzung der Märkte in bestimmten Sektoren hin, weshalb er die Zentralbanken aufforderte, einzugreifen.

Die ganze Diskussion im Re-live

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Jahrzehnte lang galt der Konsens, dass sich der Staat sich aus der Wirtschaft zurückziehen und man die Staatsschulden senken sollte, um den Wohlstand zu fördern. Dies hat jedoch zu chronischen Mängeln in Bildung und Infrastruktur geführt. Neuere Forschung versucht zu erörtern, wann es sinnvoll ist, dass sich der Staat in den Wirtschaftsprozess einmischt, um langanhaltenden Wohlstand zu garantieren und Krisen zu verhindern.

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